Der Aegidienberger

Die jüngste Gangpferderasse kommt aus Deutschland

Der Aegidienberger entstand auf dem rheinischen Gestüt Aegidienberg in den 80er Jahren aus der Idee von Walter Feldmann sen. einen in seiner Robustheit an das Islandpferd angelehnte, aber eleganteren und größeren Tölter zu züchten. Unterstützt durch das Rheinische Pferdestammbuch (Dr. Dohn) und das Institut für Tierzuchtwissenschaft der Universität Bonn (Prof. Dr. Schmitten) entstand die Rasse Aegidienberger mit folgendem Zuchtziel:

  • harmonisches, stabiles Gebäude, Typ und Ausdruck im Reitpferdetyp
  • stabiles Fundament
  • eine Größe von 1,45 bis 1,55 m
  • umgänglicher, gelassener Charakter, dabei aufmerksam, fein und fleißig
  • leichtrittiger, taktklarer Tölt mit gutem Ausdruck und gut akzentuierten Bewegungen

1994 wurde die Rasse als eigenständige Rasse durch das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) anerkannt. Mit der Führung des Ursprungszuchtbuchs wird das Rheinische Pferdestammbuch e.V. beauftragt. 2004 fiel im Zuchtausschuß des Rheinischen Pferdestammbuchs die Entscheidung, zur Konsolidierung der Rasse und zur Verbesserung der Größe und des Fundaments, Zuchtpferde außerhalb des klassischen Schemas unter besonderen Voraussetzungen für die Zucht des Aegidienbergers zu empfehlen. Dabei sollen nur Pferde empfohlen werden, die aufgrund ihrer Abstammung, ihres Gebäudes, ihrer Größe, ihres Charakters und ihrer Töltqualität dazu beitragen, die Zuchtziele des Aegidienbergers in besonderer Weise realisieren zu können.

Im Rahmen der Novellierung der Zuchtverbandsordnung 2011 der FN wurde das Zuchtprogramm für die Rasse der Aegidienberger überarbeitet.

Neben der ausführlichen Beschreibung des Zuchtziels ist im Besonderen die Zuchtmethode definiert.

Foto © Gerd Stöcker

Die klassische 5/8 Zuchtfolge:

Das Zuchtziel soll erreicht werden durch eine Kreuzungszucht aus Islandpferd und Paso Peruano. Die erste Kreuzungsgeneration (Aeg-F1) wird in der nächsten Stufe mit einem Islandpferd rückgekreuzt. Es entsteht die Aeg-R1-Generation. In der folgenden Stufe werden die Aeg-F1-Pferde mit den Aeg-R1-Pferden gepaart, daraus entsteht das Endprodukt. Dieses Endprodukt führt also 5/8 isländisches und 3/8 peruanisches Blut in sich.

Aegidienberger und Kreuzungen Paso-Peruano und Islandpferd:
Aegidienberger aller Generationen untereinander sind kreuzbar. Auch andere Kreuzungsverhältnisse der Rassen Paso Peruano, Islandpferd und Aegidienberger sind zugelassen. Sie werden als Aegidienberger bezeichnet.

Die Einkreuzung von Veredlern:

Zur Zucht des Aegidienbergers können Zuchttiere als Veredler ausdrücklich zugelassen werden, wenn sie eine erfolgreich bestandene gerittene Materialprüfung nachweisen. Die für die Rasse des Aegidienbergers zugelassenen Veredler erhalten einen entsprechenden Vermerk in der Zuchtbescheinigung. Die Nachkommen wurden zunächst als Aegidienberger Anwärter bezeichnet und erst nach erfolgreicher gerittener Materialprüfung als geprüfte Aegidienberger, in Zukunft sind auch sie Aegidienberger.

Zur Überprüfung der Zuchtziele und der Einordnung der Zuchttiere in die Zuchtbücher sowie der Zulassung von Veredlern zur Zucht ist die Materialprüfung für Aegidienberger entwickelt worden. Es werden folgende Merkmale im Rahmen einer Zuchtveranstaltung überprüft:

  • Gebäude
  • Fundament
  • Größe
  • Charakter
  • Tölt

In allen Punkten wird eine überdurchschnittliche Beurteilung angestrebt. Ein Ausgleich einzelner Mängel kann durch besonders positive Beurteilung in anderen Bereichen erfolgen. Alle Pferde sollten im Regelfall ihre Töltqualifikation unter dem Sattel zeigen. Der Richter kann das Pferd selbst ausprobieren oder durch einen qualifizierten Reiter testen lassen. 

Nur mit einer durchschnittlichen Bewertungsnote von 7,5, bei der jedoch keine Bewertung schlechter als 6,6 sein darf, wird ein Pferd zur Aegidienberger Zucht zugelassen. Pferde mit einer Gesamtnote ab 8,0 werden empfohlen, ab 8,3 sogar besonders empfohlen. Entsprechend ist die Einteilung in die Hengst- und Stutbücher II, I und I–Prämienbuch. 

Auch Aegidienberger Reitpferde (Stuten, Wallache, Hengste) können sich der Materialbeurteilung unterziehen und eine entsprechende Beurteilungsurkunde erhalten. Für Jungpferde gibt es eine Beurteilung ohne Größenbewertung und mit allgemeiner Gangbeurteilung im Freilauf, die bereits interessante Hinweise auf die Entwicklung geben kann.

Gangarten

Bei den Aegidienbergern wird ein breites Gangartenspektrum, vom „Nur-Tölter“ bis hin zum Fünfgänger akzeptiert. Am häufigsten kommen jedoch Viergänger mit gut ausgeprägtem Tölt vor.

  • Tölt: Gewünscht wird ein taktklarer Naturtölt mit hohen, weiten Bewegungen und Tempovariationen
  • Schritt: Übliche Beurteilungskriterien; besonders akzentuierter, dabei wenig raumgreifender Schritt ist akzeptiert.
  • Trab: Übliche Beurteilungskriterien bei hohen weiten Bewegungen.
  • Galopp: Bergaufgalopp, Dreitakt; leichter Vierschlag akzeptiert.
  • Rennpass: Kein Zuchtziel, aber manchmal vorhanden. Die Bewertung erfolgt wie beim Isländer.

Die Zukunft

Die Aegidienberger haben sich in den letzten 20 Jahren als sehr erfolgreich sowohl als Freizeit- und Familienpferd, als auch als Sportpferde bei den IGV-Turnieren gezeigt. Besonders der leicht zu reitende Tölt und die guten Grundgangarten, aber auch die gute Hitzetoleranz mit dem leichtpflegbaren Fell, der ausgeglichene Charakter mit hoher Lernbereitschaft und die robuste Gesundheit begeistern die Besitzer dieser Pferde sehr.

Foto © Laura Bieniek

Die Fortsetzung der Zucht auf der Basis der bereits erreichten Erfolge und mit Hilfe der neuen Generationen wird in Zukunft die „jüngste deutsche Gangpferderasse“ noch populärer und für eine breite Gruppe von Liebhabern interessant machen.