Ehrliche gesagt uraltes Wissen und kein „Trick oder Tipp“ aus meiner Zauberkiste. Doch manchmal ist es gerade das „alte Wissen“ welches „untergeht“ und die „selbstverständlichsten Dinge“, die kaum gelehrt werden. Darum will ich hier etwas „verraten“, was aus meiner Erfahrung kaum so gelehrt wird.
Die „Sache mit dem inneren Schenkel“ – oder „kick einfach mal die Büchse weg“
Es geht um die richtige Bewegung beim Treiben mit dem inneren Schenkel. Um Eckart Meyners zu zitieren „die Wade selbst kann nicht treiben, sondern sie gerät treibend ans Pferd“. (Zitat aus dem Buch Wie bewegt sich der Reiter? erschienen im Kosmos Verlag). Ganz ehrlich – dieser Satz und die mündliche Erläuterung „die Wade des inneren Beines darf NIEMALS aktiv ans Pferd gebracht werden“ hat mir nicht genügt, um das ganze Ausmaß dieser Anweisung und simplen Tatsache zu erfassen. Obwohl ich mich sehr viel mit dem Sitz beschäftige und schon fast 20 Jahre immer im Unterricht predige, dass nur ein „öffnendes Bein“ korrekt treiben kann – also das Knie „nie nicht niemals“ etwas am Pferd zu suchen hat.
Auch bei mir als Reiter konnte ich es bis vor ein paar Jahren nicht verhindern, dass – wenn ich mal etwas mehr treiben musste – meine Wade dann doch von Innen aktiv ans Pferd kam. Dummerweise gilt für uns Menschen ein anatomischer Fakt, gegen den wir uns nicht wehren können. Sobald wir den Wadenmuskel aktiv nutzen spannen wir sofort auch das Knie und den Schließer des Oberschenkels an und heben uns damit in der Hüfte aus dem Pferd. Nebenbei verkrampft auch leicht die Lendenmuskulatur und wir knicken evtl. noch nach innen ab. Dass wir dabei zwingend den Absatz hochziehen müssen, und damit die uralte Regel „Absatz tief“ nicht mehr einhalten können, ist dann nur noch ein Randproblem.
Wie geht es richtig – Problembeschreibung
Die Anweisung meiner Trainerin der Akademischen Reitkunst Yvonne Heynckes hat mir dann die Augen für den fehlenden Zusammenhang geöffnet. „Pendle aus der Ferse in der treibenden Bewegung des inneren Schenkels nach VORNE – es macht doch keinen Sinn, dem Pferd ein rückwärts gerichtetes Signal mit dem Schenkel zu geben, wenn man eigentlich möchte das es vorwärts tritt“.
In der AR wird bei der Hilfe sehr auf die Wirkung auf das Pferd geachtet – weniger der körperliche Zusammenhang des Reiters beleuchtet. Für mich war dies aber der bis dahin fehlende Schlüssel, um die Anweisung von Eckhard Meyners für den Reitersitz wirklich zu verstehen.
Also noch einmal:
„die Wade des inneren Beines darf NIEMALS aktiv ans Pferd gebracht werden“
„Aber ich brauche die Wade doch zum treiben“ – ja das stimmt! Aber wir brauchen am inneren Bein keinen AKTIVEN Wadenmuskel, um mit der Wade korrekt zu treiben. Sobald die Wade aktiv wird, sobald sich das Knie schließt, sitzt der Reiter schlecht und stört das Pferd, das ist Fakt.
Wie geht es richtig – so wirds gemacht
Öffne bei vollkommen PASSIVER Wade das Bein aus der inneren Oberschenkelmuskulatur. Auf diese Weise dreht sich die Wade ganz ohne jede Kraft an das Pferd heran und übt den gewünschten Impuls aus. Willst Du dann den Impuls weiter verstärken – und hier setzt dann oft der Fehler ein, die Wade zu „aktivieren“ – dann musst Du im Unterschenkel weiter passiv bleiben und lediglich das Bein aus dem Knie noch ganz leicht weiter öffnen und dann die locker nach unten pendelnde Ferse nach vorne Richtung Ellenbogen schwingen lassen (der Ellenbogen des Pferd ist natürlich gemeint). Hierbei wird dann die passive Wade zusätzlich mit Impuls nach vorne am Pferd entlanggeführt und gibt ganz klar das Signal „vorwärts“. Gleichzeitig hat diese Bewegung den „Nebeneffekt“, dass die innere Hüfte locker tiefer in das Pferd hineingeführt wird, sich unsere Lendenmuskulatur entspannt und Du ohne abknicken in der Hüfte die Biegung des Pferdes positiv unterstützt.
Die Büchse kicken
Oft fällt es schwer diese Beschreibung wirklich zu verstehen – selbst wenn es dem Reiter am Bein erklärt wird. Hier kommt dann mein eigentlicher persönlicher „Trick“: Stellt Euch vor, wenn Ihr mit dem inneren Bein treibt – Ihr wollte eine Büchse beim Kicken auf der Straße mal eben mit dem Innenfuß bzw. innen mit der Ferse wegkicken. Diese Bewegung aus dem offenen Knie mit lockerem Unterschenkel mal eben etwas von innen mit dem Fuß wegkicken – ist genau das, was der innere Schenkel des Reiters tun sollte.
PS: Nicht die unwichtigste Info in diesem Zusammenhang: Der äußere Schenkel treibt anders, er darf sich zurücklegen (soll er sogar), dabei muss durch leichtes Anwinkeln im Knie der Oberschenkel „abgeschaltet werden“. Das Zurückgehen der äußeren Hüfte hierbei ist im Gegensatz zu Innen ja vollkommen richtig!
Ein Beitrag von Inge Windelschmidt